
Vor rund 20 Jahren fanden wir unsere Traumwohnung: Erdgeschoss, kleines Gärtchen, schöne Lage, irgendwie bezahlbar. Problem: Sie war bereits vermietet – an eine Familie mit zwei kleinen Kindern. Plan B: Eigenbedarf anmelden. Ich dachte, ein bisschen Anstand, Menschlichkeit und ein Angebot an Geld würden reichen. Spoiler: Falsch gedacht.
Die Besichtigung war der Auftakt zum Drama. Der Makler ließ uns demonstrativ warten, während er mit einem anderen Paar plauderte, und drinnen erwartete uns eine Stimmung, die ungefähr so entspannt war wie eine Steuerprüfung. Ich versuchte, mich höflich an den Mieter heranzutasten, erzählte von unserer Familie und hoffte auf ein Gespräch. Wie naiv von mir! Beziehung? Fehlanzeige. Vertrauen? Null.
Wir kauften die Wohnung trotzdem und schickten die Eigenbedarfskündigung raus – sauber formuliert, mit angemessener Frist – und dem Angebot, alles zu besprechen. Keine Antwort. Funkstille. Was ich nicht wusste: Der Mieter hatte eine Rechtsschutzversicherung. Für ihn war Reden unnötig, solange die Anwälte arbeiteten. Kommunikation? Tot. Vertrauen? Ebenfalls. Ich konnte nur zusehen, wie aus einer nie begonnenen Verhandlung eine gerichtliche Schlacht wurde.
Meine Hilfsversuche – Wohnungsangebote in den Briefkasten werfen, Gespräche anbieten – wirkten vermutlich übergriffig und halfen nichts. Also beauftragten wir Anwälte. Schriftverkehr hin und her, alles höflich, alles wirkungslos. Die Strategie des gegnerischen Anwalts war klar: Zeit gewinnen, alles bestreiten, Druck aufbauen. Eigenbedarf infrage stellen, Größe unseres Kindes bezweifeln, unsere Wohnsituation anzweifeln – wahrscheinlich sogar die Schwerkraft. Und ja, es funktionierte. Monate vergingen, Geld floss, Fortschritt gleich null.
Dann der Gerichtstermin: Der Richter war pragmatisch und bestätigte den Eigenbedarf, riet aber gleichzeitig, es doch lieber gleich einvernehmlich zu regeln. Ergebnis: 5.000 Euro weg, davon 1.000 an den Mieter, der Rest für Anwälte und Papierkrieg.
Fazit: Hätte ich früher kommuniziert, empathischer agiert und erst einmal eine Beziehung aufgebaut, wäre alles deutlich günstiger gewesen. Ich bekam die Wohnung, aber teuer. Er zog aus – mit viel
weniger, als er bei einem direkten Gespräch bekommen hätte.
Zu meiner Ehrenrettung: Ich war damals noch kein ausgebildeter Verhandlungstrainer.